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Dienstag, Mai 30, 2006 

Zu Gast bei Krömers in Adlershof



Es gibt so Veranstaltungen, da geht man eigentlich nur hin, wenn man die Karten dafür geschenkt bekommen hat. So geschehen gestern Abend in Form von Tickets für die TV-Aufzeichnung von Kurt Krömers Unterhatlungsshow "Bei Krömers". Für alle die Kurt Krömer noch nicht kennen. Das ist der Typ, der unseren Sprachschatz um die liebevolle Bezeichnung "Du alte Kackbratze" erweitert hat und auch sonst gerne mal längst vergessene Vokabeln wie "Pottsau" und "Schwabbelvieh" benutzt.
"Bei Krömers" ist nun die Weiterentwicklung seiner ersten eigenen Show, die "Kurt Krömer Show", die 2005 unregelmäßig im RBB zu sehen war.
Losgehen sollte es um 20 Uhr 30, und so machten Martin und ich uns auf den Weg in die alten Defa-Studios nach Berlin-Adlershof. Wir erreichten das Gelände eine gute Dreiviertelstunde früher, man will ja schließlich noch Zeit haben für ein kleines Pre-Show-Bier. Auf dem Gelände vor dem Studioeingang wartete schon eine größere Menschenansammlung. Kurzes Warten und dann kam auch schon ein Studiomensch, der uns zum Eingang führte. Nach einer kurzen Sicherheitseinweisung durch finster dreinschauende Sicherheitskräfte ("Handy ausmachen, keine Fotos, kein Filmen, Jacken und alles andere abgeben, wir wollen keine freibeweglichen Gegenstände im Studio!"), gingen wir in den Wartebereich. Der Raum füllte sich recht schnell und noch war Zeit für ein kleines Getränk. Dies führte auch gleich zur ersten großen Überraschung des Abends: Das ausgeschenkte Bier war kostenlos!
(vielleicht sollte so das Publikum von Anfang an milde gestimmen werden).
Das Publikum selbst bestand zum großen Teil übrigens aus Gebührenzahlern jenseits der 29, viele davon augenscheinlich aus den östlichen Bezirken Berlins. Das, obwohl Kurt Krömer eigentlich einen waschechten West-Berlin-Charakter, genauer gesagt einen Neuköllner verkörpert, mag auch daran liegen, dass Krömer durch seinen exzessiven Berliner Dialekt im Osten besonders gut ankommt (Für alle Nichtberliner: es gibt immer noch soetwas wie eine Sprachbarriere in Berlin. Richtig heftig berlinert wird eigentlich nur im Osten).

Punkt 20 Uhr 30 war es dann soweit. Das Publikum wurde ins Studio gebeten und bewegte sich auch im Laufschritt eben dahin. Wir nahmen Platz in der dritten Reihe und sehr schnell wurde es warm. Die Aufnahmeleiterin sorgte dafür, dass keine größeren Lücken im Zuschauerbereich mehr zu sehen waren. Mein rechter Sitznachbar hatte zu diesem Zeitpunkt allerdings schon genug von der Veranstaltung, nachdem ein 1 Meter 90 großer Typ mit David Hasselhoff-Frisur direkt vor ihn platziert wurde. Aufgeregtes Meckern zwischen ihm und seiner Ferundin. Als dann die Titelmusik von "Na sowas" erklang und wir kurz damit rechneten, tatsächlich einen Thommy Gottschalk in zu engen Jeans erleben zu müssen, sprang auch schon Kurt Krömer von hinten auf die Bühne. Ja, hier macht der Star des Abends noch persönlich das Warm-Up. Tobender Applaus. Keine Frage, das würde ein Heimspiel für ihn werden.
Die Besonderheit von "Bei Krömers" liegt daran, dass neben dem Moderator noch seine Neuköllner Familie, also Mutter, kleine Schwester und Großvater mitmischen. Das hat insbesondere den Vorteil, dass Krömer nicht nur mit seinen Gästen herumalbern kann, sondern auch seine Familie immer dann einspringt, wenn die Show etwas abzudriften droht. Vor allem aber entsteht so eine ziemlich trashige Boulevardtheaterszenerie, die in ihrer kleinbürgerlichen Spießigkeit den perfekten Rahmen für Krömers oft sehr grobschlächtigen Humor darstellt. Subtiler Wortwitz war seine Sache noch nie, aber genau darin besteht auch sein Erfolgsrezept. Eben Neuköllner Schnauze mit Herz.

Pünktlich um 20 Uhr 30 begann nun die eigentliche Aufzeichnung (die zweite an diesem Abend für Krömer).
Der erste Gast war Hera Lind. Das Superweib unter den deutschen Schriftstellerinnen musste in den folgenden 15 Minuten ein paar Weisheiten einer Bestsellerautorin von sich geben. Als ausgebildete Konzertsängerin kam sie natürlich auch nicht umher, mit Krömer einen kurzen Ausschnitt aus der Zauberflöte zu singen. Hierbei stellte sich, zur großen Überraschung aller Anwesenden, der Gastgeber als erstaunlich textsicher heraus. Hera Lind war das alles recht, sie spielte gutgelaunt mit und schaffte es auch noch ihren neuesten Buchtitel "Die Champagner-Diät" zu erwähnen. Sie selbst hätte zwar lieber ein kaltes Bier an diesem Abend getrunken, musste sich aber mit warmen Sekt begnügen.
Kaum gemütlich gemacht aber klingelte es schon wieder an der Wohnungstür und der zweite Gast des Abends, die Schauspielerin Anneke Kim Sarnau, betrat die Bühne. Die zweifache Grimmepreisträgerin und Burgschauspielerin, aktuell in dem Film FC Venus zu sehen, lieferte sich ein weitgehend sinnfreies aber launiges Rededuell mit Krömer, immer wieder unterbrochen, durch ihr unglaublich lautes, fast männliches Lachen. Zu erfahren war immerhin, dass sie Nationaltorwart Lehmann ganz ok und das Design der Grimmepreise ziemlich häßlich findet. Dem Publikum gefiel's, nur Krömer merkte, dass ihm langsam aber sicher die Gesprächsführung völlig aus der Hand glitt und so griff er zum letzten Mittel, das einem Moderator in so einer Show vielleicht noch bleibt: er kletterte empört auf seinen Schreibtisch dabei Mineralwasser wild um sich spritzend. An diesem Punkt war der Trashfaktor endgültig im dunkelroten Bereich angekommen. Das Studiopublikum johlte und selbst mein anfangs miesgelauner Sitznachbar klopfte sich und seiner Begleiterin abwechselnd auf die Oberschenkel. Mehr kann man von so einem Abend nicht erwarten. Anneke Kim Sarnau schaffte es noch dem Moderator eine wunderschöne Studiorequiesite, eine Miniatur des Alex-Fernsehturm, abzuquatschen und damit war der Wahnsinn nach gut 45 Minuten auch schon vorbei.

Krömer bedankte sich bei seinem Ensemble und seinen Gästen und mit einem jovialen "Macht's jut Nachbarn" wurden wir in den Abend entlassen. Ob und wann diese Sendung im RBB ausgestrahlt wird, bleibt abzuwarten. Alle die dabei waren, werden aber sicherlich der Meinung sein, dass ihre Rundfunkgebühren in so einem Format gut angelegt sind. Von daher, mach's jut, Krömer.

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